Reisebericht - Dritte Woche
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9. Oktober: Junik – Bajram Curri - Valbonë
61km / 1240hm
Gestern Abend habe ich zu wenig Kalorien zu mir genommen und entsprechend schlecht sind meine Beine. Im Uphill zur Grenzstation muss ich mich ziemlich abmühen, trotz moderater Steigung. Albanien empfängt mich mit einer sehr widersprüchlichen Mischung aus freundlichen Menschen, mutmasslichen Drogenhändlern und Suizid-Autofahrern.
Im Kosovo | |
Albanische Grenze | |
Blick nach Bajram Curri | |
Vorgeschmack auf albanische Brücken | |
Bajram Curri |
Hinter Bajram Curri wird es schlagartig ruhiger und die Strasse schlängelt sich das lange Tal der Valbonë hoch. Ich muss eine Snack-Pause einlegen, in welcher ich eine komplette Packung Studentenfutter esse, und danach geht es wesentlich besser. Das Tal mit den hohen Kalkbergen links und rechts ist sehr schön. Gegen Mittag komme ich am Ende der Strasse an und nehme mir ein Hotelzimmer.
Wasserverlust | |
In Valbonê angekommen |
Danach mache ich einen Grosseinkauf von Cola, Schokokeksen und sonstigen Kalorienträgern im einzigen Lädeli des ganzen Tals, unternehme später eine kurze Wanderung talaufwärts und döse in der wärmenden Nachmittagssonne, nur unterbrochen vom Mampfen des Inhalts der Prinzenrolle. Ich spüre förmlich, wie die Energie zurückkehrt. Den kaputten Schlauch flicke ich auch noch und hoffe, dass er halten wird.
Hinter den Bergen liegt Teth | |
Zügig fahrender Bus | Die dazugehörige "Strasse" |
Zum Abendessen gibt es Ziegenfleisch mit Pommes Frites und albanisches Bier. Bei der Abrechnung staune ich über den hohen Betrag – wohl eine Kombination aus der touristischen Beliebtheit von Valbonë und einer Optimierung der einzelnen Positionen auf der Rechnung.
Mein Zimmerhäuschen | |
Ziege mit Pommes Frites |
10. Oktober: Valbonë – Komani Lake Ferry – Shkodër
100km / 1050hm
Heute geht es zuerst das ganze Tal wieder runter, und dann entspannt leicht abwärts zum Fährterminal am Komani Stausee. Ich habe online ein Ticket für die Fähre «Berisha» gekauft, welche um 13:00 abfahren soll. Daher habe ich viel Zeit, um in der Sonne gemütlich die Abfahrt abzuwarten.
Fähre "Berisha" | Die berühmte Omnibus-Fähre |
Die Fahrt über den Stausee zwischen den hohen, kargen Bergen ist wie erwartet wunderschön und erinnert an Fjorde in Norwegen (zumindest stelle ich sie mir so vor).
Die Anlegestelle mit Tunnel |
Die Strasse von der Staumauer bis nach Vau i Dejës ist schlaglöchrig und immer wieder abschnittsweise ungeteert. Auf den ersten 20km bin ich mit dem Velo kaum langsamer als die Autos, welche kurz nach mir von der Fähre gefahren sind.
Gewichtsstaumauer | Das Kraftwerk mit 600MW |
Sollte man ernst nehmen |
Da ich in einer optimistischen Einschätzung meiner Fahrgeschwindigkeit in der Nähe von Shkodër ein Zimmer gebucht habe, wird es irgendwann zu einem Wettrennen gegen die Zeit, um vor Sonnenuntergang ins Hotel zu kommen. Zum Schluss muss ich noch auf der vielbefahrenen Hauptachse Shkodër – Lehzë den knappen Platz mit 40-Tönnern teilen, was dem Ende des Tages eine etwas gehetzte Note gibt.
Im Hotel lasse ich es mir gutgehen und bestelle Suppe, eine Doppelportion Poulet mit viel Reis und Gemüse und dazu ein Glas Weisswein. Abends entscheide ich, die nächste Fähre von Durrës nach Bari zu nehmen, da ich keine schlaue Fortsetzung meiner Reise in Albanien finden kann. Die gedachte Schlaufe in Richtung Norden nach Montenegro zur Bucht von Kotor und wieder zurück nach Shkodër erscheint mir ob der zu nehmenden Hauptstrasse auf dem Hinweg und der vielen tausend Höhenmeter auf der Nebenstrasse am Rückweg irgendwie unattraktiv. Die Alternative einer Schlaufe zum Ohrid-See führt durch das Albanische Tiefland und Tiranë, was mich auch nicht wirklich überzeugt. Also buche ich die Überfahrt für den 11. Oktober um 22:00. Viva Italia! |
11. Oktober: Shkodër – Durrës Ferry Terminal
143km / 730hm
Mein Track für heute leitet mich auf ruhigen Nebenstrasse über viele Kilometer flach durch Agrarland und zwischen zwei parallelen, schnurgeraden Hügelketten nach Lezhë. Weiter südlich zweigt er kurz ruppig steil zur Ortschaft Gjuricaj ab, um in dem dortigen Hügelzug dem Verkehr des Grossraums Kamëz / Tiranë aus dem Weg zu gehen. Danach fahre ich zum Ammos Beach, um den Nachmittag gemütlich zu verbringen. Leider sind die Bars und Restaurant schon geschlossen und ich habe den Strand fast für mich allein.
Im Albanischen Tiefland | Der einzige Eselkarren, welchen ich gesehen habe |
Tolles Tal mit parallelen, schnurgeraden Hügelketten | |
Es wird viel geimkert | |
Granatäpfel | |
Brücke über die Mat | |
Steile Auffahrt bis knapp 20% | |
Pinienwald am Ufer | |
Verbindungspiste zum Ammos Beach | Das war ihre letzte Reise |
Amos Beach |
Die letzten Kilometer in Durrës sind nochmals von der krassen Sorte (mein Planungsfehler) und ich bin heilfroh, als ich unbeschädigt am Fährterminal ankomme. Ich hole meine Bordkarte ab und suche mir ein Restaurant, wo ich gemütlich Linguine mit Meeresfrüchten esse, bis ich die Fähre um 20:00 besteigen kann. Mein Velo darf ich an der Seitenwand neben den Lastwagen parkieren. Hoffentlich bleibt keiner daran hängen!
Gegen einen erstaunlich geringen Aufschlag habe ich mir die (sauber geputzte) Präsidentensuite auf der GNV Azzurra gegönnt und verbringe eine sehr erholsame Nacht auf See.
Falsche Route auf der Schnellstrasse nach Durrês | |
Albanisches Korça Bier schmeckt köstlich | |
MZ Azzurra | Präsidentensuite |
Lamtumirë në Shqipëri
12. Oktober: Bari Ferry Terminal – Gravina in Puglia – Venosa
121km / 1230hm
Erster Aufsteller des Tages: Mein Velo ist unversehrt und schon bald rolle ich von der Fähre aufs italienische Festland. Das Verkehrschaos in Bari ist enorm und der Weg aus dem Fährhafen unklar. Irgendwie komme ich auf Umwegen zum Zoll und muss mein Gepäck röntgen lassen. Danach endlich raus und schnell weg aus der Stadt. Nach ca 10km wird es besser und ich fahre durch Olivenhaine übers Land. Es folgen ein paar Wellen im Wald, am Strassenrand wachsen Büschel von Alpenveilchen zwischen den Abfallhaufen.
Ready to ride | Elegant springende italienische Wildschweine |
Interessante Steinbauten | Ausgedehnte Olivenhaine |
Alpenveilchen |
Hinter Gravina in Puglia verändert sich die Landschaft und es wird menschenleer, nur Grosslandwirtschaft auf verdorrter und teilweise absichtlich abgebrannter Hügellandschaft. Ziemlich spooky. Der EV5 führt über eine aufgegebene Provinzstrasse, welche nur für den Lokalverkehr freigegeben ist und stellenweise nur noch aus Schlaglöchern und Schotterpiste besteht. Ich finde unterwegs zum Glück zweimal eine gefasste Quelle, an der ich meine leeren Trinkflaschen auffüllen kann.
Braun, staubig und verraucht | |
Wasserquelle | Wassermangel |
Herausfordernde Regionalstrassen | |
Nur für Anrainer | Die sieben Brunnen von Palazzo San Gervasio |
Bei Venosa habe ich genug und organisiere mir eine Übernachtung in einem etwas anrüchigen Quartier mit Sorgengestalten und abgefackeltem LWK im Quartierpark. Abends in der Stadt herrscht so richtig italienisches Flair, mit Jung und Alt auf der Piazza und grossem Palaver.
13. Oktober: Venosa – Benevento
137km / 1610hm
Anfänglich fahre ich nochmals durch Agrarlandschaft, später wird es hügelig und ich komme unterhalb von grösseren und kleineren Hügeldörfern vorbei. In der Ebene ist alles verlassen und es finden sich überall Ruinen von verlassenen Gehöften und Ansiedlungen. In Monteleone finde ich überall Signalisierungen für den EV5, es werden die einzigen auf der kompletten Strecke zwischen Gravina und Rom bleiben...
Nahverkehr | Dystopische Endzeitstimmung |
Schlaue kommen trockenen Fusses rüber - ich nicht... | |
Auffahrt nach Monteleone | |
Typisch: Windkraft, Landwirtschaft, Hügeldörfer | |
Umso grösser ist der Kontrast in der Regionalhauptstadt Benevento. Eine breite Prachtstrasse führt durch die Innenstadt mit edlen Boutiquen und Bars. Am Abend genehmige ich mir mein Abendessen in einem guten Restaurant, in welchem man meine Zehenschlappen mit schiefem Blick betrachtet.
Der Vermieter der Wohnung ist sehr bürokratisch und ich muss einen zweiseitigen Vertrag über die Nutzung des Appartments unterzeichen.
Römischer Triumphbogen | |
Prachtstrasse in Benevento | |
Vorspeise auf der Piazza vor dem eigentlichen Abendessen |
14. Oktober: Benevento – Colle Cannavinelle – Cassino – Monte Cassino
165km / 1880hm
Anfänglich ist meine Strecke ziemlich unspektakulär. Wegen einer Grossbaustelle muss ich einige Kilometer zurückfahren und auf der anderen Talseite in den Hügeln umfahren. Eine Begegnung mit einem Hunderudel geht glücklicherweise gut aus, da der Gegenverkehr kurzfristig ihre Aufmerksamkeit ablenkt. Ab Venafro kann ich eine - wegen des neu gebauten Tunnels – unbenutzte, alte Passtrasse nehmen – toll!
Typisches Zmorge | |
Kreiselkunst | Grossbaustelle auf der anderen Talseite |
Hunderudel | Brücke über den Tiber |
Lunchtime | |
Ehemalige Bewässerungsanlage | |
Links im Bild führt die alte Passtrasse hoch | |
Einsam und schön zu fahren |
Leider führt der EV5 danach für ca 3km auf eine fürchterliche Piste mit grobem Schotter, wo ich mir prompt wieder einen Platten am Hinterrad einfange. 32mm Reifen und weniger als 5 Bar Druck sind einfach zu wenig. Dummerweise kann ich mit meiner Handpumpe aber den geforderten Druck kaum in die Schläuche bekommen. Daher schiebe ich nach der Reparatur sicherheitshalber mein Velo, bis ich wieder auf Asphalt komme.
Die grossgeröllige Pise | |
Der Monte Cassino |
Nach dem Checkin im Agriturismo und einer kurzen Verschnaufpause rolle ich wie entfesselt die coole Serpentinenstrasse zum Kloster Monte Cassino hoch. Ohne Gepäck fährt sich mein 11kg Stahlrenner wie ein Ultralight Carbonvelo. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit bin ich wieder unten und geniesse ein sehr gutes Abendessen im Restaurant meiner Unterkunft.
Alles verboten... | Cassino |