Reisebericht - 1. Woche
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25. September: Anreisetag nach Venedig
Um 07:03 geht mein Zug in Basel SBB, das heisst frühes Aufstehen und Verabschieden von meiner Familie. Weil ich mit dem Treno Gottardo reise, habe ich kein Theater mit Platzreservationen fürs Velo, dafür ist halt die Reise etwas gemütlicher. Macht nichts, ich habe Zeit.
Wegen eines Streckenunterbruchs zwischen Chiasso und Como habe ich erste Gelegenheit, mich in Gelassenheit zu üben. Es fühlt sich schon alles ziemlich italienisch an, inklusive fehlender Information und viel Palaver. Irgendwann aber fährt dann doch ein Zug nach Milano und erstaunlicherweise reicht es mir sogar noch, den geplanten Anschlusszug nach Venedig dank eines kurzen Sprints durch den Bahnhof zu erreichen. In Italien ist die Velomitnahme nur in den selten fahrenden InterCitys und den RegioExpress erlaubt, daher zieht sich die Fahrt in die Länge und um 16:35 treffe ich in Venezia Mestre ein.
Nach ein paar Fotos schwinge ich mich in den Sattel und fahre auf den Camping Rialto, wo ich mein Zelt unter heftigen Angriffen der Stechmücken aufbaue. Der Mückenspray liegt derweil gemütlich zuhause… Zum Glück gibt es in der Nähe einen Lidl und so gehe ich auf kurze Einkaufstour. Danach unternehme ich eine Rundfahrt über den Damm nach Venedig und geniesse die Stimmung zum Sonnenuntergang. Ich bin sehr müde, schon um 20:30 im Bett und schlafe fast 12 Stunden.
Die Brücke nach Venedig |
26. September: Venedig – Monfalcone
153km / 310hm
Bei top Wetter aber viel Gegenwind bin ich heute auf meiner ersten richtigen Reiseetappe unterwegs. Der Verkehr auf den Haupstrassen ist teilweise grenzwertig, aber es gibt keine gute Alternative dazu, sofern man nicht grosse Umwege im Zickzack fahren will. Glücklicherweise kann ich ab und zu auf Nebensträsschen und Feldwege ausweichen, was aber gleich mal 30km an zusätzlicher Strecke bedeutet. Ich denke, ich muss meinen Reisemodus noch finden.
Flachland | Erstmal ein Käffeli wenn es hart wird |
Heftiger Wind aus Ostem | |
Auf dem Camping Village Mare Pineta in Monfalcone baue ich mein Zelt auf und geniesse ein sehr gutes Abendessen mit Miesmuscheln und Nudeln Marisco. Die Nacht ist wegen des Lichts und Verkehrslärms unruhig, vielleicht hat das aber auch mit meinem vollen Bauch zu tun.
Vorspeise | Hauptspeise |
27. September: Monfalcone - Rijeka
102km / 1326hm
Beim Abbau des Zelts entdecke ich an der oberen Aufhängung des Innenzelts eine gerissene Naht. Dies ist die Stelle, welche mir schon immer konstruktiv suspekt war. Da muss ich mir wohl Nadel und Faden organisieren, damit es nicht noch weiter kaputt geht.
Am Lido vor Trieste geniesse ich einen Cappucino und ein Schoggi-Corneto, bevor ich mich in den wilden Verkehr der alten Hafenstadt an der Adria werfe.
Ich bin froh, als ich die Stadtgrenze hinter mir lassen kann. Dass mich das Navi aber auf einer MTB-Downhillstrecke im Wald zur slowenischen Grenze führen will, finde ich doch etwas übertrieben und nehme die danebenliegende, kleine Teerstrasse, welche sich in schönen Serpentinen den Hang hochschwingt. Es folgt Genuss pur und so komme ich nach einigen weiteren Kilometern auch schon an die kroatische Grenze und fahre auf einer tollen Nebenstrasse via Podgorica und Vodice nach Rijeka.
Typischer Velofahrer-Lunch |
Das gebuchte Appartement erlaubt keine Mitnahme des Velos ins Zimmer, und eine brauchbare Alternative zu seiner Unterbringung kann man mir auch nicht anbieten. Nach einiger Diskussion und dem Versprechen, «wirklich gut aufzupassen», darf ich das Velo aber trotzdem mitnehmen. Die Suche nach Nadel und Faden sowie Wäscheklammern und Isolierband in der Einkaufsstrasse von Rijeka ist spannend, und letztendlich auch erfolgreich. Einen Barbier mit Lust auf Arbeit kann ich hingegen nicht auftreiben. Danach ist auch schon früh Feierabend und ich habe tief und lang geschlafen.
Der alte Hafen von Rijeka | |
Kaputt | Nicht mehr kaputt |
28. September: Rijeka – Novalja (Pag)
136km / 1900hm
Stadtverkehr ist scheisse, die Küstenstrasse bis Crikvenica auch! Danach aber wird sie schlagartig einsam und entwickelt sich zur Traumstrasse mit tollen Ausblicken und spektakulärer Streckenführung. Immer wieder treffen mich Windböen, welche von den Bergen herunterfallen (leichte Bora) und meine Fahrt innert Sekunden fast auf Schritttempo reduzieren. Leider ist das Problem mit dem Steuersatz zurück (heftiges Aufschaukeln bei höherem Tempo) und lässt mein Fairlight innerhalb von wenigen Kilometern fast unfahrbar werden. Am Strassenrand zerlege ich die komplette Klemmung und den Vorbau und setze alles neu ein. Danach ist es zumindest so gut, dass ich bis zu einem Velomechaniker in Zadar weiterfahren kann.
Infrastruktur | Beginn der Küstenstrasse |
Die Windwarnung sollte man ernst nehmen |
Mit der Fähre setze ich auf die Insel Pag über und fahre zum Camping Phalaris, welcher mir von einem Bekannten empfohlen worden ist. An der Beach Bar geniesse ich ein Radler, baue danach in aller Ruhe das Zelt auf und esse zum Znacht eine Pizza im Campingrestaurant. Ich glaube, so langsam bin ich in meiner Reise angekommen.
29. September: Novalja - Zadar
81km / 910hm
Die Landschaft auf Pag ist toll und ich geniesse das morgendliche Losfahren. Bei der Brücke zum Festland treffe ich auf Stefan und Claudia, welche mit dem MTB auf Langstrecke unterwegs sind, und von den Pyrenäen zum Olymp in Griechenland wollen. Ich habe ihre Reise im Forum von MTB-News.de verfolgt und freue mich, sie persönlich kennenlernen zu dürfen. Wir verstehen uns gut und fahren gemeinsam mit ein paar Gravel-Einlagen nach Zadar.
Stefan und Claudia | Die Brücke zum Festland |
In Zadar lasse ich mein Velo beim Mechaniker zur Analyse, welcher mir nach ein paar Stunden mitteilt, dass der Steuersatz sauber eingepresst sei, jedoch der Vorbau an den Kontaktstellen nicht ganz plan, und deshalb immer wieder Spiel entsteht. Er habe es jetzt bestmöglichst eingestellt und denke, dass es mittelfristig halten sollte. Ich bin insofern beruhigt, als dass ich jetzt die Ursache kenne und schlimmstenfalls den Vorbau ersetzen kann (sofern ich unterwegs einen finde).
Später treffe ich Stefan und Claudia wieder. Wir setzen uns an die Uferpromenade von Zadar und bestaunen beim Sonnenuntergang die Meeresorgel. Danach gemeinsames Abendessen und Beschluss, am nächsten Morgen nach Ugljan überzusetzen.
Mein Appartement in einem grottig aussehenden Plattenbau ist erstaunlich gut eingerichtet und ich kann erholsam schlafen.
30. September: Zadar – Ugljan – Paŝman – Kamenjak – Vodice
96km / 1060hm
Mit der Fähre setze ich auf die Insel Ugljan über und zusammen mit Stefan und Claudia folgen wir dem Ufer wechselweise auf Strasse, Gravel und Singletrack. Nach der Brücke zur Insel Paŝman nehme ich die sogenannte Panoramic Road, welche auf Gravel dem Hügelzug der Insel folgt und immer wieder schöne Ausblicke aufs Meer und die Inselwelt der Kornaten erlaubt. Teilweise ist der Gravel ruppig und prompt fange ich mir auf einer Abfahrt den ersten Platten dieser Tour ein.
Cappucino beim Warten auf die Fähre | |
Brücke zu Insel Paŝman | |
Reparaturmassnahmen | Ruppige Wegbeschaffenheit |
Mittagessen am Fährhafen |
Bei der Fähre treffen wir uns alle wieder und setzen gemeinsam aufs Festland über. Die weitere Strecke in Richtung Vodice fahre ich auf kleinen Strassen durchs Hinterland und nehme dabei noch den Aussichtsgipfel Kamenjak über eine steile Stichstrasse mit.
In Vodice beziehe ich mein Appartment und gehe zum Sonnenuntergang im Meer baden. Danach gemeinsames Abendessen mit feiner Pasta. Leider ist mein Zimmer mückenverseucht und das Bummbumm der Stranddisco macht das Einschlafen schwierig.
Baden bei Sonnenuntergang
1. Oktober: Vodice – EV8 durchs Hinterland – Stobreĉ (Split)
118km / 1300hm
Heute sind meine Beine etwas müde. Ich fahre unrythmisch zur Brücke über den Kanal von Sibenik, und hinter der verkehrsreichen Stadt auf schöner Uferstrasse weiter. Bei Crebaŝtica zweigt der Track in die Hügel ab. Überall sieht man die Spuren des Hitzesommers und der damit verbundenen grossflächigen Waldbrände. Auf der Hochebene finden sich schöne, kleine Strässchen und ein kurzes Verbindungsstück auf Gravel. Hier fange ich mir den zweiten Platten ein. Ich muss dringend den Luftdruck im Auge behalten, da das Systemgewicht wegen des Gepäcks deutlich höher ist als gewohnt. Unter 4.5 Bar sollte es nie sein, allerdings ist das mit meiner Handpumpe eine Herausforderung.
Brücke über den Kanal von Sibenik | |
Sichtbare Spuren des 2023er Waldbrandsommers | |
Abzweigung nach Gravel |
Bei Trogir fahre ich längere Zeit dem Ufer entlang nach Split, welches einen mit verfallenden Industrieruinen begrüsst. Ich möchte noch um die vorgelagerte Halbinsel fahren und entdecke eine schöne, für Autos gesperrte Strasse zum Gipfel des Telegrin. Am Hafen von Split treffe ich auf Stefan und Claudia und wir trinken zusammen ein Radler, während sie auf die Fähre warten. Ich fahre weiter nach Stobreĉ auf den lärmigen Campingplatz. Morgen muss ich unbedingt in Split zwei Ersatzschläuche organisieren, bevor ich die Fähre auf die Insel Hvar nehme.
Pittoreskes Fischerdorf | Rampe zum Telegrin |
Blick vom Telegrin | Uferpromenade von Split |