Tourinfos
Tour: Hochtour
Gipfel: Eiger 3967m
Datum der Tour: 8-10. September 2020
Schwierigkeit: S
Wegpunkte: Kleine Scheidegg - Ostegghütte - Mittellegihütte - Eiger - Eigerjöcher - Mönchsjoch - Jungfraujoch
Teilnehmer: Dominik, Olli, Tobias
Bericht
Bevor es los ging
Die Überschreitung des Eigers über den Mittellegi-Grat ist ein von mir seit langem gehegter Wunsch. Der Blick von Grindelwald auf diesen endlos scheinenden Grat ist faszinierend und lockend zugleich. Dieses Jahr sollte es so weit sein und wir nahmen im Frühling schon die Planung auf. Relativ schnell kamen wir zum Schluss, dass wir in Anbetracht der Länge der Tour und auch der Risiken beim Abstieg über die Eigerjöcher einen Bergführer engagieren möchten. Das war für uns Neuland, haben wir doch alle unsere Unternehmungen seit vielen Jahren ohne externe Hilfe durchgeführt. Mit Tobias Erzberger fanden wir einen kompetenten und freundlichen Führer, welcher bereit war, ausnahmsweise zwei Gäste auf dieser Tour zu führen. Er schlug uns vor, die Tour mit dem Ostegg-Grat zu verlängern, um ein Maximum an Berggenuss herauszuholen. Mehr dazu unten im Fazit.
Um bereit für die Tour zu sein, waren wir im Winter und Frühling mehrfach im Jura auf dem Gerstelgrat und der Grand Arête du Raimeux und unternahmen im Sommer diverse kleinere und grössere Grattouren in den Alpen. Am Sonntag vor der Tour gingen wir zwecks Akklimatisation nochmals auf über 3000m. Wir waren also "parat" :-)
DI 8. September
Wir treffen Tobias in Muttenz am Bahnhof und fahren mit dem Auto nach Grindelwald. Mit der Bahn geht es bis zur Zwischenstation "Alpiglen", ein sehr spezieller Ort wenn man weiss, dass damals vor bald 100 Jahren die Erstbegeher der Eiger-Nordwand dort ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Auf einem schönen Pfad geht es nach Osten bis unterhalb der Felsen, wo sich der Durchschlupf zur Ostegg befindet. Diese Stelle ist mit Stahltritten und -seilen ausgerüstet. Wir nutzten die Gelegenheit und übten mit Tobias das Seilhandling in einer 3er-Kletterseilschaft. Die Ostegg-Hütte selbst befindet sich auf einer schönen Graswiese und ist top eingerichtet. Wir genossen den Abend mit prächtigem Sonnenuntergang und gingen recht früh ins Bett.
Warten in Grindelwald Grund auf unser Bähnli | Blick von Alpiglen auf die Tour der kommenden Tage. Links die Ostegg, rechts Eiger |
Die Steilstufe, welche in einem Couloir überwunden wird | Gut gesicherter Steig |
Die Ostegg-Hütte | So entstehen Fotos... |
Wow #1 | Wow #2 |
MI 9. September
Nach einem kurzen Frühstück liefen wir gegen 7 Uhr los. Zuerst muss auf Wegspuren durch Schrofen und kurze Felsstufen bis zur Einsattelung beim Pt 2706 aufgestiegen werden. Meine Gelenke und Muskeln waren noch kalt und ich fühlte mich ziemlich "gschtabig". Endlich auf dem Grat angekommen, begrüsste uns die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen und erlaubte den Blick in Richtung Eiger und die uns umgebenden, berühmten Gipfel wie Wetterhorn, Schreckhorn und Gross Fiescherhorn. Eines der beiden Highlights des Tages ist der Durchschlupf durch ein enges Loch im Grat, das andere der berühmte "Hick". Nach einem Abseilmanöver müssen zwei 5er Seillängen geklettert werden, wobei es vor allem die erste, plattige Querung in sich hat. Mit Bergschuhen und schwerem Rucksack nimmt man jede sich bietende Gelegenheit zum Festhalten und Stehen wahr - soviel zum Thema p.a. und sauber Klettern...
Aufstieg im schrofigen Gelände | Die berühmte rote Unterhose, welche den Weg weist |
Bald sind wir in der Scharte | Schöne Ausblicke auf die Südseite |
Coole Querungen | Steile Aufstiege |
Schöner Fels | Toller Ausblick |
Ich bin zufriedener als ich aussehe | Das berühmte Loch im Grat |
Abseilen | Und wieder aufsteigen im Hick |
Auch nach dem Hick geht es munter weiter und der Weg bis zur Mittellegi-Hütte zieht sich. Das Gelände wird jedoch einfacher und erlaubt auch mal das Gehen am kurzen Seil. Wir waren nach den vielen Stunden unterwegs allerdings recht froh, als wir die Hütte betreten konnten, welche schön eingerichtet ist und freundlich bewartet wird. Auch dieses Mal zog es uns schon relativ früh ins Bett. Wegen COVID-19 wird nur jede zweite Matratze belegt, was ungewohnt viel Platz im Bett bietet und logischerweise auch den Geräuschpegel tief hält. Ich habe jedenfalls gut und tief geschlafen.
Blick zum Eiger | Nochmals eine Kletterpassage |
Tobi und Olli | Seine Majestät, der Eiger |
DO 10. September
Wir brachen kurz nach 5 Uhr auf und durften schon bald Begegnung mit dem Schneefall der vergangenen Wochen machen. Dieser kurze Wintereinbruch hätte beinahe zur Absage der Tour geführt und sorgte bei uns für viel Aufregung. Ich weiss nicht, wie oft ich in den Tagen vor der Tour die Webcam der Mittellegi-Hütte angesehen habe. Eine weitere Spezialität des Mittellegi-Grats ist die Absicherung mit dicken Seilen. An vielen Stellen sind jene angebracht und erleichtern den Aufstieg auf den teils abfallend geschichteten Gestein. Es empfiehlt sich jedoch, trotzdem zu klettern und sich nicht einfach hochzuziehen, sonst sitzt man irgendwann mit "dicken Armen" da und kann nicht mehr. Der Blick auf die Gratschneide zum Gipfelbereich ist fast immer präsent und motiviert. Zuletzt muss noch ein scharfer, flacher Firngrat in Steigeisen geklettert werden. Das mag ich gar nicht und war froh, als wir endlich am Gipfel angekommen waren.
Tolles Morgenlicht | Eiger Südwand und Mönch |
Klettern | Noch mehr klettern |
Posen | Gemütlich rumstehen vor dem Eiger |
Die berühmten Fixseile... | ...sind nicht überall anzutreffen |
Mönch und Jungfrau aus ungewohnter Perspektive | Oben der scharfe Firngrat zum Gipfel |
Eigerjöcher und Mönch | Yeah! |
Doch das ist nur die halbe Geschichte, denn der Abstieg über die Eigerjöcher ist lang und zäh. Zuerst wird mehrfach abgeseilt, danach werden die Jöcher über- und umklettert. Zum Dessert erwartete uns nochmals ein Firngrat, welcher aber gut zu begehen war. Zwischenzeitlich war es späterer Nachmittag geworden und das letzte Bähnli vom Jungfraujoch fährt um 16:45. In einer Mischung aus Eilmarsch und Dauerlauf hetzten wir über den Gletscher zum Mönchsjoch und weiter auf der gewalzten Piste zum Jungfraujoch. Tobias konnte glücklicherweise die Bahn über unsere verspätete Ankunft informieren und um 16:50 stürmten wir verschwitzt und in voller Klettermontur das Bahnabteil. Ich trug sogar noch meine Steigeisen...
Rückblick zur Abstiegsroute | Traversierung bei den Eigerjöchern |
Dudes | Bald sind die technischen Schwierigkeiten vorbei |
In Grindelwald beim wohlverdienten Bier | Rückblick auf unsere Tour der vergangenen Tage |
Fazit
Die Komplettüberschreitung des Eigers (Ostegg-Grat - Mittellegi-Grat - Eigerjöcher) ist eine grosse und tolle alpine Unternehmung, welche viel Erfahrung in der optimalen Routenwahl und dem Legen von Zwischensicherungen verlangt. Mit Bergführer entschärft sich das ganze natürlich ein Stück weit. Geklettert werden muss trotzdem!
Wer wie wir in einer 3er-Seilschaft gehen will, der muss wegen der zusätzlich notwendigen Absicherung deutlich mehr Zeit einplanen. Auch das Abseilen und die Abschnitte, wo nicht am laufenden Seil geklettert werden kann, dauern deutlich länger. Selbst mit bestmöglicher Unterstützung des Bergführers (Hilfe beim Seilaufnehmen, speditives Nachklettern, Entfernen von Zwischensicherungen etc) ist man schnell einmal bei 30% mehr Zeitaufwand. Die Tour hat uns natürlich trotzdem viel Spass gemacht, wir würden sie aber in dieser Art nicht nochmal machen und auch nicht weiterempfehlen. Wer als eingespielte Seilschaft der Tour ohne Bergführer nicht gewachsen ist, der sollte sie entweder als Einzelgast machen oder mehr trainieren ;-)
An dieser Stelle möchte ich nochmals Tobias Erzberger danken. Er hat zwei Tage lang fleissig arbeiten müssen und nie seine gute Laune verloren. Top!